Writer’s Workshop

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Writer’s Workshop

Writer’s Workshop

Art:

Die Teilnehmerinnen geben Feed-back zu einem Text, während die Autorin zwar zuhört, sich aber nicht äußern darf.

Ziel:

Feed-back an die Autorin eines Papers (oder eines anderen Textes)

Dauer:

bis zu einer Stunde pro Text

Wir brauchen dazu:

einen Stuhlkreis – außerdem müssen alle Teilis vorher die Texte gelesen haben, die diskutiert werden

So geht es:

Der Fokus eines Writer’s Workshop liegt auf dem Paper, nicht so sehr auf der Präsentation. Tatsächlich findet es bei einem Writer’s Workshop gar keine Präsentation eines Papers statt, sondern alle Teilnehmerinnen müssen das Paper vorher gelesen haben.

Das Format stammt aus Schriftstellerkreisen, die es verwenden, um sich gegenseitig Gedichte, Kurzgeschichten und Ähnliches vorzustellen. (Dabei wird kein Vortrag gehalten, sondern eine Passage aus dem Werk vorgelesen.)

Es ist dann Anfang bis Mitte der 90er auf den Pattern-Konferenzen (PLoP, EuroPLoP …) von Richard Gabriel eingeführt worden, um Patterns zu besprechen, und hat sich dort bis heute gehalten. Richard Gabriel hat in das Format detailliert beschrieben.

Ablauf:

  1. Die Autorin liest der Runde einen ihrer Meinung nach besonders gelungenen Absatz aus ihrem Paper vor.
  2. Anschließend tritt die Autorin aus der Runde und wird zur “Fliege an der Wand” (“fly on the wall”). Eine “Fliege an der Wand” ist zwar anwesend, aber so unscheinbar, dass alle anderen Anwesenden die “Fliege” ignorieren. Die “Fliege” hört zu und macht sich Notizen, nimmt aber nicht an der Diskussion teil und wird auch von den anderen nicht direkt angesprochen. (Es heißt immer “Die Autorin hat geschrieben …”, nicht “Du hast geschrieben …”.)
  3. Die Diskussion (wie gesagt, ohne die Autorin) läuft in vier Phasen ab:
    1. Zusammenfassung: Zuerst fasst jemand den Inhalt des Papers zusammen. Die anderen können dies noch kommentieren und ergänzen werden, etwa falls sie in einem Punkt eine unterschiedliche Auffassung vertreten.
    2. Positive Bestätigung: Die Teilnehmerinnen versuchen darzustellen, was ihnen am Paper gefallen hat. Dies kann sowohl Inhalt als auch Darstellung umfassen: “’neue Erkenntnis”’, “überzeugende Argumentation”, “gute praktische Einsetzbarkeit”, aber auch: “gute Illustrationen”, “schöne Formulierungen”, “lesbare Zeichensätze”.
    3. Verbesserungsvorschläge: Die Teilnehmerinnen machen Vorschläge, wie das Paper verbessert werden könnte. Kritik darf dabei nur mit dem Hintergedanken der Verbesserung formuliert werden. Auch hier können alle Bereiche angesprochen werden – Inhaltliches und Formales: “Der Beweis ist unklar und sollte an folgenden Stellen näher erläutert werden.”, “Ein UML-Diagramm würde zum Verständnis beitragen.”
    4. “Sandwich”: In der letzten Diskussionsrunde betonen die Teilis nochmals die positiven Merkmale des Papers: Zum einen können einigen Teilnehmerinnen aufgrund der Verbesserungsvorschläge noch weitere positive Merkmale klar geworden sein. Zum anderen wird so verdeutlicht, dass es sich trotz der Kritik um einen wertvollen Beitrag handelt.
  4. Nach der Diskussion kehrt die Autorin in die Runde zurück. Sie hat Gelegenheit, Verständnisfragen zu stellen (“Wie war die Bemerkung zu x gemeint?”, “Der Hinweis y war interessant – welche Literatur gibt es dazu?”), aber sie darf an dieser Stelle keine Erklärungen oder Verteidigungen des Papers nachreichen. (Dies kann sie in den Pausen oder bei den social events im kleineren Kreis nachholen.)
  5. Die Teilnehmerinnen stehen auf und applaudieren der Autorin. Anschließend erzählt jemand einen Witz oder irgendeine Anekdote, die in keinerlei Zusammenhang zu dem Paper steht.

Manche Punkte in dieser Vorgehensweise erscheinen vielleicht etwas merkwürdig, insbesondere Punkt 5. Aber es zeigt sich bei Writer’s Workshops, dass alle Punkte zusammen zu einer sehr konstruktiven Atmosphäre führen. Insgesamt erhält die Autorin wertvolles Feed-back, insbesondere, was die Verständlichkeit und Darstellung ihres Papers anbelangt, aber auch inhaltliche Hinweise.

In jedem Schritt (insbesondere in 3.c und 5., aber auch dadurch, dass die Autorin nicht an der Diskussion teilnimmt) hilft, zu vermeiden, dass sich jemand angegriffen fühlt oder aber Energie in unnötige Verteidigungen steckt. Beides ist destruktiv und hilft nicht bei einem der wichtigsten Ziele wissenschaftlicher Arbeit: nämlich verständliche und erfolgreiche Papers zu schreiben. (Es ist eine Sache, in einem Vortrag zwanzig Teilnehmer zu überzeugen, aber es ist eine andere, ein Paper so zu schreiben, dass es auch ohne weitere Erklärung verständlich und überzeugend ist.)

Besondere Hinweise:

Vielen Dank an Pascal Costanza für diese Methode.

Wann einsetzen:

Um vor einer Konferenz oder auf einen Schreibworkshop den Autorinnen Feed-back zu ihren Texten zu geben.

Methoden zur Reflexion